Nur noch weinen…

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Ist es wirklich so verwerflich traurig darüber  zu sein, das ich  niemals wissen werde, was wirklich gesund ist? Ist es so verwerflich traurig darüber zu sein keine gesunde Familie zu haben?

Natürlich liebe ich meine Kinder. So wie sie sind.

Aber ist es verwerflich manchmal die Sehnsucht nach normal zu verspüren?

Ist es so verwerflich nicht zu wissen, wie ich zurecht kommen kann? Nicht zu wissen, wie ich mit meinen Handycaps durch Gruppen stolpere und mich immer wieder herauskapultiere?

Ist es wirklich soverwerflich nicht zu wissen wie ich jetzt weiter machen soll?

Ist es das?

Die Tränen fließen ohne Ende und ohne Halt.

Denn jetzt weiß ich, weshalb ich mich so versteckt habe.

Weil ich zu niemanden so richtig gehöre.

Und jetzt erst recht nicht. Ich komme nicht zurecht.

Ich komme nicht klar.

Ich weiß nicht weiter.

Ich nehme meine Kinder in den Arm.

Ich nehme mein Seelchen in den Arm.

Ich weine ohne Ende.

Weil ich nicht das geben kann, was sie brauchen. Weil ich eine Mutter mit Handycap bin, die selbst genau das braucht, was sie ihren Kindern geben müsste.

Ich bin eine Herumirrende, die sich nirgends halten kann. Die nicht weiß, wo der Halt ist, den sie bräuchte.

Ist es so verwerflich traurig zu sein? So verwerflich wüttend, verzweifelt?

Die Tränen fließen und nehmen kein Ende.

Ich möchte so gerne meinen Schatz leben können, aber ein Irrgarten hält mich ab. Immer wieder. Immer wieder.

Ich bin eine Andere. Ich rate was die Menschen wollen. Ich rate und bin so blind. Ich bin anders als ich es von mir dachte.

Freundinen glauben mir nicht so recht.

Ist es verwerflich den Wunsch zu haben, zu wissen, was Menschen so miteinander erleben? Was mir verschlossen ist?

Ist es so verwerflich endlich, endlich die Trauer durchzulassen. Sich ihr zu stellen?

Nein. Nein, es ist gut, dass ich mir ihr stelle. Seit Jahrzehnten vergraben. Seit Jahrzehnten verborgen.

Ich bin nicht die, die ich glaubte zu sein. Ich weiß was ich weiß….und doch bin ich so fremd in mir und in meinem Leben.

Ich nehme meine Kinder in den Arm. Ich nehme Seelchen in den Arm. Ich nehme mich selbst in den Arm. Und zusammen weinen wir.

Und zusammen trauern wir.

Um den Morgen zu begegnen. Der da ist, irgendwo, am Ende des Tränentals.


13 Gedanken zu “Nur noch weinen…

  1. lass dich auch von mir warm umarmen liebe Gertrud
    es sind so viele Menschen um dich herum – und doch fühlst du dich alleine – leer in deiner Hoffnung –
    mit der Angst zu leben – der Sorge um die Existenz Deiner Kinder – die Erfüllung Deines Wunschtraumes
    der die Realität knallhart trifft – Tränen ertränken dein Seelchen – lass sie schnell versiegen
    und blicke erhaben auf deinen Weg – werde Freund deiner quälenden Feinde
    lieb drück die zuzaly ❤

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  2. … ich drück dich ganz innig an mein Herz …
    wünsche dir und deinen Lieben alles was Uhr braucht für Herz und Seele…
    Segen und Heilung!
    M.M.

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  3. Ihr seid gut und genau richtig so, wie Ihr seid – deine Kinder und du! … !!!
    Und du nimmst deine Kinder und dein Seelchen in die Arme – das ist genau richtig so. Besser geht es nicht … !!!
    Und du lässt deine Trauer zu, und auch das ist genau richtig so. Und danach wirst du dich wieder freuen können.

    Liebste Grüße,
    Hannah

    P.S.
    Schade, daß ihr nicht in München wohnt! Dann hätte ich dich / euch gerne getroffen – dich und deine besonderen und mit Sicherheit auch besonders liebenswerten Kinder! Und du weißt, ich weiß, was es bedeutet, ganz besondere Kinder zu haben…. es ist nicht einfach, es ist eine Herausforderung, aber hey, das schaffen wir… !!!!

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    1. Liebe Hannah, in einem Gespräch mit einer erwachsenen Autistin wurde mir bewusst, dass ich im Augenblick den gleichen Prozess durchmache, den ich auch bei meinen Kindern hatte.
      Und das ist gut so. Trauern ermöglicht die Annahme.
      Wer weiß, vielleicht mache ich mal in München Urlaub? Ich war noch nie dort.
      Natürlich schaffen wir alles. Ich liebe meine Familie. Aber es ist auch nicht so, dass ich es mir manchmal nicht anders wünschen würde. Und das scheint ein Tabu zu sein in Familien mit besonderen Kindern.
      Danke Dir.

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  4. Liebe Gertrude,

    herzlichen Dank für deine Antwort. Ich habe sie erst eben gelesen (ich hatte keine Benachrichtigung von wordpress bekommen … )
    So, nun habe ich endlich doch mal einige Gedichte zu dem Trans*-Thema geschrieben und hochgeladen.
    Sie sind weit oben im Blog (die dritten von oben).
    Vielleicht magst du sie mal lesen?

    Herzlichst, Hannah

    P.S. Wenn Du mal nach München kommst, dann lass uns einen Kaffee trinken gehen!

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  5. Es ist so wichtig, alle ungeweinten Tränen herauszulassen und die Trauer bewusst zuzulassen. Sie darf sein – sie muss sein!
    Alles Liebe für euch!
    Herzlich,
    Silbia

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