Projekt 52 Wochen: Erwachsenen AD(H)S Ordnung – 9/10

Da sitze ich neben meinem Wäscheberg, noch ganz außer Atem von meinem Abwasch-Marathon, um positiv über meine Erfolge zu schreiben.

Und schon witschert mir mein Gehirn dazwischen. Es erzählt mir, was so gar nicht gelaufen ist. Es zeigt mit bebenden Fingern auf all die unerledigten Staubberge und Unterlagen. Es lacht hämisch.

Normalerweise wird in Ratgebern ja empfohlen, sich mental die schöne Wohnung vorzustellen. Sozusagen als Belohnung vor dem aufräumen, als Ziel.

Bei meinem Gehirn funktioniert diese Methode nicht. Also muss ich mir etwas anderes ausdenken.

Oh nein, brüllt die Autistin, nichts neues mehr. Ich mag nicht, ich will nicht….

Und überhaupt, Du kannst das Projekt vergessen, flüstert mein Gehirn, denn  es ist gar nicht die 10 Woche. Du hast Dich verzählt….deshalb kannst du alles in die Tonne kloppen.

Also, liebe Leser*innen, so freudig umgeben von demotivierenden Stimmen sitze ich hier am Lappi, um Euch zu erzählen, was funktioniert.

Ihr könnt auch lesen, wie mein Selbstboykott funktioniert. Automatisch. Da brauch ich gar nichts zu tun.

Deshalb fasse ich folgende Beschlüsse:

  1. Perfektionismus: Der wird einfach ignoriert. Weil ich nichts perfekt, gründlich oder sonstwie geregelt kriege. Und deshalb lautet das Motto: Lieber unperfekt als gar nicht.
  2. Erschöpfung: Ich nehme mir immer, immer zuviel vor. Und bin dann plötzlich erschöpft, weil ich meine Kräfte nicht so wirklich einschätzen kann. Deshalb gilt: Ich werde immer nur weniger schaffen als geplant. Auch das ist mehr als gar nichts.
  3. Handylisten: In meinem Memo des Handys lagern einige Listen, die ich erfolgreich im Alltag einsetze. Einkaufsliste, was noch zu erledigen ist, Projekte. Der Vorteil: Keine herumfliegenden Zettel. Ich kann jederzeit löschen oder neues hinzufügen. Für den Einkauf klappt es hervorragend. Besser eine Liste funktioniert, als gar keine.

Also, ich kann mir mental zwar vorstellen, wie meine Ziele aussehen. Aber bei mir funktioniert es nicht in dem Sinne, als das Energie frei gesetzt wird. Im Gegenteil, es belastet mich, weil ich sehe, was dafür noch alles zu tun ist.

Also wird diese Methode für mich umgestaltet, so das mein Autisten-ADHS-Gehirn Energie freisetzt:
Ich stelle mir mental vor, was ich zuletzt erledigt habe. Ich rufe das gute, stolze Gefühl hervor, das ich hatte.

Und was soll ich sagen? Es funktioniert. Ich schreibe meinen Beitrag, der nicht ansatzweise so ist, wie ich ihn gern hätte. (Besser nicht so gut als gar nicht.) Ich mache beim Abwasch Pause. (Lieber angefangen als gar nicht). Meinen Perfektionismus lasse ich meckern. (Lieber halb so gut als gar nicht.)

Ich akzeptiere meine Unzulänglichkeit. (Mein Gehirn lacht sich schlapp, weil es weis, das ich es gerne akzeptieren würde, aber nicht wirklich tue…)

Diese Woche hat sich bei mir bewährt:

  • Konzentration auf Papierkram. Zwei Steuererklärungen erledigt und geschieden worden.
  • akzeptieren meiner niedrigen Kraftreserven
  • Neues Sprudelgas gekauft
  • Auf e-Zigarette umgestiegen: Weniger Müll und Dreck
  • Kontakte gepflegt

Ich finde das ist doch auch etwas. Und es gibt mir Kraft zu wissen, dass ich auch den Wäscheberg wegräume. Wichtig ist: Alles in Ruhe und Entspannung zu machen. Sobald ich in Hektik gerate schaltet mein Hirn auf Panik. Aber davon erzähle ich heute nicht.


4 Gedanken zu “Projekt 52 Wochen: Erwachsenen AD(H)S Ordnung – 9/10

  1. „Ich akzeptiere meine Unzulänglichkeit. (Mein Gehirn lacht sich schlapp, weil es weis, das ich es gerne akzeptieren würde, aber nicht wirklich tue…)“

    Lass es lachen. Das Lachen vergeht ihm irgendwann. Das muss man einfach üben. Und das dauert ewig lang. Ein wenig Selbstbetrug schadet eh nie. 🙂

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